Asien,  Iran

#6 Iran

Ein bisschen surreal fühlt es sich noch immer an, aber: wir sind wirklich mit dem Campervan bis in den Iran gefahren. Ein Blick auf die Weltkarte offenbart, dass Iran ja eigentlich gar nicht so weit weg von Deutschland ist (wer es drauf anlegt, kann in zwei Autofahr-Tagen hier sein). Aber der Iran ist das erste Land auf unserer Reise, das uns wirklich das Gefühl gibt, schon ganz schön weit gen Osten gefahren zu sein. An der Grenze zwischen Armenien und Iran war für uns aber natürlich noch nicht Schluss: In fast drei Wochen sind wir über 4.000 km durch die Islamische Republik Iran gefahren. Macht euch auf einen langen Blogeintrag gefasst.

Zunächst ein Blick aufs Geld

Für uns als Langzeitreisende ist Geld natürlich ein allgegenwärtiges Thema; beschränkt es doch allen voran die Dauer, die wir reisen können. Aber auch im täglichen Reise-Alltag spielt es eine Rolle, denn – wir in Europa neigen heutzutage dazu, das zu vergessen – die meisten Länder dieser Welt haben eine eigene Währung. Und so heißt es für uns beim Überschreiten einer Landesgrenze häufig: Geld wechseln. Gelegentlich können wir uns das sparen und allein auf unsere Kreditkarten setzen. Für den Iran gilt das jedoch nicht, denn aufgrund der westlichen Sanktionen gegen den Iran funktionieren hier grundsätzlich keine ausländischen Kreditkarten/ Karten/ Geldautomaten/ Traveler Cheques.

Und so hatten wir den letzten Beitrag über Georgien & Armenien mit der Info beendet, uns kurz vor der Grenze in einer armenischen Bank noch einmal US-Dollar auszahlen zu lassen. Das ist die Währung, die hier in den Wechselstuben am liebsten gesehen wird. Entscheidend für den Wechselerfolg ist jedoch vor allem, in welche Wechselstube man geht. Begibt man sich in eine der offiziellen Wechselstuben oder in eine Bank, bekommt man pro US-Dollar etwa 42.000 Iranische Rial (Stand August 2019). Auf dem Schwarzmarkt (der im Grunde genauso präsent ist und auf uns zumeist keinen Anschein von Illegalität gemacht hat), bekommt man pro US-Dollar etwa 118.000 Iranische Rial – da muss man nicht lange überlegen, wo man hingeht.

Der Rial ist die offizielle Währung im Iran. Im alltäglichen Leben werden Preise jedoch häufig in Toman angegeben. Toman ist im Grunde eine Scheinwährung, für die es keine eigene Banknoten gibt und die zum Rial im Verhältnis 10 Rial = 1 Toman steht. Ein Artikel im Supermarkt kann also beispielsweise 100.000 (Rial) oder 10.000 (Toman) kosten und es ist nicht immer auf den ersten Blick zu erkennen, welche Währung verwendet wird. Bezahlt wird immer in Rial. Das kann vor allem in den ersten Tagen im Iran etwas verwirren, wenn man noch kein Gefühl für das Preisniveau hat.

Erschwerend kommt hinzu, dass Preise sowieso nur recht selten in uns bekannter Schreibweise dargestellt werden. Wenn man sich etwas abseits der üblichen Touristenorte aufhält, sind die Preise vielmehr in persischer Schreibweise (Farsi) angeschlagen. Wir mussten zunächst also erstmal die Ziffern lernen (۰۱۲۳۴۵۶۷۸۹ – das sind die Zahlen von 0 bis 9, sofern sie in eurem Browser angezeigt werden). Bei Unklarheiten hat aber auch immer ein herumgereichter Taschenrechner oder ein Handy geholfen. 🙂

Um ganz ehrlich zu sein, mussten wir aber ausnahmsweise auch gar nicht sooo sehr auf die Preise gucken. Denn der Iran ist aus europäischer Sicht ein unglaublich günstiges Land. Alles in allem haben wir in den 18 Tagen hier umgerechnet etwa 187 Euro ausgegeben (+ 107 Euro für unsere Turkmenistan-Visa, die wir hier beantragt haben…).
Und ja, da sind die Kosten für den Sprit schon inkludiert. Bei über 4.000 gefahrenen Kilometern klingt das nach einem Schreibfehler, oder?! Aber nein! Denn Diesel ist im Iran wirklich unvorstellbar günstig. Im Schnitt haben wir etwa 5 Cent pro Liter Diesel bezahlt. Und das ist schon der verdoppelte Preis für Touristen. Hier haben wir also sehr davon profitiert, dass der Iran reich an Erdölvorkommen ist.

Was die Kosten angeht ist der Iran also wirklich ein äußerst Overlanding-freundliches Land!

Gastfreundschaft

Doch nicht nur aufgrund der günstigen Preise können wir eine Reise in den Iran wärmstens empfehlen. Ein weiterer Grund ist die enorme Gastfreundschaft der (allermeisten) Iraner! Immer wieder wurden wir herzlichst begrüßt, wurde uns aus Autos euphorisch zugewunken, wurden wir auf den Straßen interessiert angesprochen, nach unserem Wohlbefinden gefragt oder auf unterschiedlichste Dinge eingeladen. Mit Ausnahme eines Polizisten ganz am Ende unseres Aufenthalts (wir berichten weiter unten davon), wurden wir überall äußerst freundlich behandelt und haben trotz der Sprachbarriere unglaublich viele positive Erfahrungen gemacht. Wir haben uns im Iran stets willkommen und wohl gefühlt.

Wir hatten schon im Vorfeld im Rahmen unserer Recherchen häufiger gelesen, dass Reisende von der Gastfreundschaft der Iraner angetan waren. Aber wir waren natürlich gespannt, ob auch uns – und vor dem Hintergrund der politisch aktuell leider wieder angespannteren Situation – diese Offenheit und Gastfreundschaft entgegengebracht würde. Heute wissen wir: ja, wurde sie.

Und das für uns beeindruckendste Erlebnis hatten wir direkt am ersten Tag. Davon berichten wir in der nun folgenden Zusammenfassung unserer Erlebnisse.

Grenzübergang und Marand

Wir wussten, dass der Grenzübergang von Armenien in den Iran wohl etwas langwieriger werden würde, als die meisten unserer bisherigen Grenzübergänge. Denn will man mit einem Fahrzeug in den Iran einreisen, braucht man einen sogenannten Carnet de Passages (hätten wir unseren Vorbereitungs-Artikel inzwischen geschrieben, müsste ich jetzt nicht weiter erklären, was ein Carnet ist. Da wir da aber leider noch immer nicht zu gekommen sind, gebe ich euch hier eine Kurzfassung).
Ein Carnet ist im Grunde ein Zolldokument, das in etwa wie ein Reisepass für das Fahrzeug fungiert. Hier sind alle zentralen Details des Fahrzeugs aufgeführt und das Dokument muss bei jeder Ein- und Ausreise in/aus einem Carnet-pflichtigen Land ausgefüllt und an den richtigen Stellen abgestempelt werden. Die Carnet-pflichtigen Länder (darunter eben der Iran aber auch Indien, Myanmar, Malaysia und weitere) wollen damit sicherstellen, dass das Fahrzeug im jeweiligen Land nicht verkauft wird und ihnen dadurch potenzielle Zoll- und/oder Steuereinnahmen entgehen.

Einen Carnet de Passages in Deutschland zu bekommen ist im Grund nicht schwierig (lediglich teuer – dazu dann mehr, wenn wir den Vorbereitungs-Artikel geschrieben haben). Ihn auszufüllen scheint hingegen eine Wissenschaft für sich zu sein. Zumindest ist der Iranische Grenzbeamte inzwischen schon etwa zwei Stunden damit beschäft, die eine benötigte Seite zu bearbeiten. Wobei zugegebenermaßen ist er mehr damit beschäft, sich mit Kollegen zu unterhalten und immer mal wieder seinen Arbeitsplatz und gelegentlich sogar das Gebäude zu verlassen. Er tut es damit seinen übrigen Kollegen gleich. Die einzige Person, die hier wirklich fleißig zu arbeiten scheint ist der Laufbursche, der für alle anderen Mitarbeiter Formulare von A nach B trägt, Kopien anfertigt und abheftet.

Nach gefühlt endloser Warterei bekommen wir den ausgefüllten Carnet irgendwann zurück. Unsere Pässe waren schon abgestempelt worden und so bekommen wir die Info, die Grenze nun endlich in Richtung Iran verlassen zu können. Wir steigen in unseren Camper und fahren los. Doch am Ausgangstor hält man uns auf – wir seien nicht im System und müssen nochmal zurück. Wohin genau, kann uns der Grenzbeamte nicht sagen; zumindest nicht auf Englisch. Wir fahren zurück – leicht angenervt, da wir jetzt schon seit über drei Stunden an der Grenze festhängen. Im dritten Büro, das Dirk aufsucht, kann man uns dann endlich helfen und wir werden im ominösen System eingetragen. Bis dahin wurden alle Eintragungen auf Papier gemacht.

Auf den ersten Fahr-Metern im Iran verfliegt unsere etwas schlechte Laune aber sofort. Wir fahren am Grenzfluss entlang, der ein grünes Band der Vegetation durch die sonst sehr karge Landschaft zieht. Im Hintergrund türmen sich auf beiden Seiten braune Gesteinshügel/Berge auf. Eine Landschaft, die uns unmissverständlich wissen lässt, dass wir nicht mehr in Europa sind. Wir sind im Iran. Wir sind tatsächlich im Iran. Es dauert etwas, bis wir es so richtig begreifen. Aber wir sind sofort von Begeisterung und Vorfreude erfüllt.

Unser erstes Ziel ist, wie so oft, der Erwerb einer lokalen SIM-Karte. Schon in Armenien hatten wir recherchiert, dass das erste Geschäft von Irancell, dem größten iranischen Mobilfunkanbieter, in der Kleinstadt Marand liegt. In der Stadt angekommen müssen wir jedoch erst einmal Geld wechseln. Die Suche nach einer Wechselstube gestaltet sich ohne Internet (und ohne die Fähigkeit, die iranische Sprache lesen zu können), etwas schwierig. Der Betreiber des Irancell-Shops spricht leider kein Englisch und auch die dortigen Kunden können uns nicht helfen. Dirk geht daraufhin in das benachbarte Geschäft – ein Planungsbüro für Elektroinstallationen. Das sollte den Verlauf des übrigen Nachmittags verändern.

Hossein, der etwa Mitte dreißig ist, betreibt zusammen mit einem Kollegen das Planungsbüro und spricht etwas Englisch. Er ist sich nicht hundertprozentig sicher, wo in seiner Stadt die nächste Wechselstube ist, aber er besteht darauf, mit uns zusammen in die richtige Richtung zu fahren und sich dann durchzufragen. Einige Minuten später sitzen wir in seinem Auto und fahren durch die Stadt. Er erzählt uns, dass heute ein Tag des Gedenkens an die Toten sei und daher viele Geschäfte geschlossen seien. Trotzdem findet wir nach kurzer Zeit und einer etwas waghalsigen Fahrt eine geöffnete Wechselstube und können dort Geld wechseln. Hossein bringt uns das Wort „Danke“ auf Farsi bei: „mamnoon / ممنون“.

Zurück vor dem Irancell-Shop bedanken wir uns herzlich bei Hossein für seine Hilfe. Er will uns aber noch unbedingt helfen, die SIM-Karte zu beantragen. Das können wir nicht ausschlagen, da die ersten Kommunikationsversuche mit dem Verkäufer ja nicht allzu zielführend waren. Hossein übernimmt die Kommunikation und besteht dann sogar darauf, dass die SIM-Karte auf seinen Namen registriert wird. Der Prozess der Registrierung auf Ausländer ist wohl sehr viel komplizierter. Aber auch Hossein muss dafür seinen Pass vorzeigen und seine Fingerabdrücke abgeben. Man merkt, dass Kommunikation/Internet hier nicht auf die leichte Schulter genommen werden (Facebook und viele Internetseiten sind im Iran auch gesperrt).

Nochmals bedanken wir uns herzlich bei Hossein für seine Hilfe und verabschieden uns. Aber so leicht lässt er uns noch nicht gehen. Stattdessen lädt er uns zu sich nach Hause ein. Wir lehnen dankend ab, da wir einen langen, anstrengenden Tag hinter uns haben und eigentlich nur noch möglichst schnell zu einem Schlafplatz wollen. Außerdem hat er uns ja schon mehr als genug geholfen und wir wollen keine Umstände machen. Er besteht darauf, dass er uns aber zumindest noch den Weg raus aus der Stadt zeigt. Wir haben ja ein Navi und brauchen diese Hilfe daher nicht, aber er besteht darauf. Alles andere wird nicht akzeptiert. Er lässt seine Arbeit also weiter ruhen und fährt mit eingeschaltetem Warnblinker vor uns her an den Rand der Stadt.

Nach zehn Minuten erreichen wir den Stadtrand und Hossein fährt rechts ran. Er steigt sofort aus und winkt uns noch einmal zu sich. Wir denken, dass er sich wohl einfach noch ein letztes Mal von uns verabschieden will. Vielmehr besteht er aber darauf, uns hier jetzt noch auf einen Tee einzuladen. Er hatte genau an der Stelle angehalten, wo Freunde von ihm einen kleinen Teeladen am Straßenrand betreiben. Er will uns unbedingt seinen Freunden vorstellen. Zwei Minuten später sitzen wir zu sechst um einen kleinen Tisch, trinken schwarzen Tee, das iranische Nationalgetränk, und unterhalten uns über Gott und die Welt.

Die Freunde von Hossein sind genauso interessiert wie er (und wir). Wir reden über unsere Reise, Autos, den Iran, Deutschland, Arbeit und vieles mehr. Hossein übersetzt. Zwei Tees und eine halbe Stunde später verabschieden wir uns endgültig. Vorher werden wir aber noch mit Sonnenblumenkernen, Süßigkeiten und sogar einem Gebets-Rosenkranz beschenkt. Ein wirklich unglaubliches Erlebnis. Noch lange Zeit später sind wir von dieser Hilfsbereitschaft und Gastfreundschaft beeindruckt. Kaum zu glauben. Wir fühlen uns im Iran angekommen. Wir fühlen uns wohl. So kann es gerne weitergehen.

Unsere erste Nacht verbringen wir außerhalb Marands auf einer Wiese etwas abseits der Straße.

Teheran

Am nächsten Tag fahren wir weiter in Richtung der Hauptstadt Teheran. Unterwegs halten wir noch einmal in Tabriz an, um unsere Essensvorräte aufzustocken und um unsere inzwischen aktivierte SIM-Karte mit etwas Guthaben zu füllen. Für letzteres Suchen wir uns wieder einen Irancell-Shop. Alle, die wir finden, sind aufgrund des Freitagsgebets geschlossen; selbst der regionale Hauptsitz, den wir zufällig finden. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite vom Hauptsitz sehen wir jedoch einen Kiosk, der ebenfalls das Irancell-Logo im Schaufenster hat. Dirk versucht hier unser Guthaben aufzuladen, aber die nette Damen spricht leider kein Englisch und er schafft es nicht ihr mitzuteilen, was wir wollen. Stattdessen greift jedoch ein Mann ein, der kurz zuvor in den kleinen Laden gekommen ist. Er hat mitbekommen, was wir wollen und versucht am Kassensystem der Verkäuferin unser Guthaben aufzuladen, was jedoch nicht klappt. Er sagt daraufhin, dass wir mal eben mit zum Irancell-Gebäude kommen sollen – da würde er arbeiten und könne die Aufladung organisieren. 15 Minuten später hat er unser Guthaben aufgeladen und gibt uns sogar noch zwei Gutscheine über jeweils 3,5 GB Daten mit. Wer mit äußerst netten Iranern in Kontakt kommen will, dem können wir also empfehlen, sich hier eine Irancell-SIM-Karte zu kaufen 😉

Wenig später kommen wir in der 20 Millionen-Einwohner-Metropole Teheran an. Als erstes steuern wir eine Shopping-Mall an, da wir vor allem für Tina noch ein paar Klamotten kaufen müssen, um der strikten Kleiderordnung, die leider im Iran herrscht, zu entsprechen (Kopftuch, lange Gewänder, mindestens zwei Lagen – alles was bei knapp 40°C besonders viel Spaß macht…). Doch wir gehen nicht in irgendeine Mall, sondern in die Iran Mall, die laut Wikipedia vermeintlich größte Shopping-Mall der Welt. Hier würden wir doch sicher die richtigen Sachen finden.

Schnell wird klar: die Mall ist wirklich riesig! Das fängt beim Parkhaus an, in das wir selbst mit unserem 2,65m hohen Fiat Ducato reinpassen (wenngleich nur mit Hilfe einer persönlichen Eskorte von Sicherheitskräften – aber andere Parkmöglichkeiten gibt es hier nicht). Schnell wird aber auch klar: Die Mall ist noch überhaupt nicht fertig. Zwar finden wir etwa 30-40 Läden, die schon geöffnet sind (darunter ein riesiger Supermarkt, ein Kino, einige Restaurants) aber alles andere befinden sich noch im Bau. Überall stehen Gerüste, Kräne, laufen Bauarbeiter umher, schauen Kabel aus den Wänden, etc. Trotzdem darf man hier scheinbar frei umherlaufen – in Deutschland absolut undenkbar.

Besonders beeindruckt sind wir neben der schieren Größe des Gebäudes vor allem von der riesigen, antik wirkenden Bibliothek und vom angedeuteten Italien-Bereich, den man so auch in einigen Casinos in Las Vegas finden kann (wenngleich da dann mit sehr viel mehr Menschen und Geschäften, die tatsächlich etwas verkaufen). Wer einen solch pompösen Komplex finanziert, wissen wir nicht. Und wer hier irgendwann mal einkaufen soll, wissen wir auch nicht – der Iran ist nach wie vor ein recht armes Land.

Die anschließende Nacht verbringen wir in einer ruhigen Straße vor der Turkmenischen Botschaft in Teheran. Hier müssen/wollen wir unsere Visa beantragen. Das Visum für Turkmenistan ist das einzige für unseren Weg bis China, das wir noch nicht haben. Wir können es erst hier beantragen und hoffen, nicht abgelehnt zu werden. Denn das ist etwas, wie wir lesen mussten, das immer mal wieder Leuten hier passiert. Einen Grund bekommt man dann nicht genannt, muss aber einige Monate warten, bis man sich erneut bewerben kann. Und in der Zwischenzeit muss man sich dann natürlich eine andere Route suchen (entweder durch den vermeintlich gefährlichen Süden Pakistans oder aber zurück nach Aserbaidschan und von da mit einer Fähre über das kaspische Meer nach Kasachstan – Letzteres würde für uns zeitlich voraussichtlich nicht klappen, da wir dann unser erstes China-Transit verpassen würden).

Nachdem wir alle Unterlagen in der Botschaft Turkmenistans abgegeben haben, können wir uns endlich Teheran anschauen. Wir fahren auf die 300m hohe Aussichtsplattform des Milad-Fernsehturms, besichtigen den bekannten Freedom Tower und erkunden im Anschluss den Golestan Palast, den ehemaligen Sitz der persischen Monarchen, mit seinem prunkvollen Innenleben und bunt verzierten Fliesenkunstwerken. Einfach mal ein bisschen durch die Stadt zu schlendern fällt bei Temperaturen rund um die 40°C leider aus.

Kaschan

Ab in den Süden des Landes. Dort sind die Städte, auf die wir uns am meisten freuen: Kaschan, Isfahan, Yazd und Shiraz. Ganz sicher wären auch der Norden des Landes rund um das kaspische Meer und die bergigen Regionen des Iran eine Reise wert, aber die müssen wir uns für ein anderes Mal aufsparen. Wir haben „nur“ drei Wochen für dieses große Land und da muss man natürlich Prioritäten setzen.

In Kaschan wollen wir uns die Agha Bozorg Moschee anschauen. Sie wird von vielen Quellen als eine der Top-Sehenswürdigkeiten des Iran beschrieben. Entsprechend stellen wir uns auf einen touristischen Ort ein. Überraschenderweise sind wir bei unserem Besuch jedoch völlig allein. Scheint so, als würde der Iran noch nicht so häufig als Reiseziel gewählt (zumindest nicht im Sommer, bei brütender Hitze). Den Tschador, ein Umhang, der den ganzen Körper umhüllt, muss Tina natürlich trotz der Temperaturen anlegen. Für Dirk reicht eine lange Hose und ein vorzugsweise langärmliges Hemd. Geschlossene Schuhe müssen wir beide tragen. All das schreibt die religiöse Kleiderordnung vor, die eben in der Islamischen Republik Iran gilt und die weit in das alltägliche Leben der Menschen reicht.

Bei all dem Ärger über den Einschnitt der Freiheit der Menschen hier, zieht uns die Schönheit der Agha Bozorg Moschee in ihren Bann.

Im Anschluss an den Besuch der Moschee suchen wir uns etwas außerhalb der Stadt einen Campspot, an dem wir ungestört sind und auch nachts alle Fenster offen lassen können. Hier bleiben wir drei Nächte, genießen die wundervolle Aussicht und arbeiten am Video/Blogeintrag über Georgien & Armenien.

Am letzten Abend bekommen wir plötzlich Besuch. Zwei junge Polizisten fahren vor uns sprechen uns auf Farsi an. Sie wirken zwar äußerst freundlich, machen aber immer wieder Gesten, die wir als Aufforderung zum hier wegfahren verstehen. Wir setzen auf die Übersetzungskünste des Google Translators und schnell wird klar, dass sie uns vor Wölfen und Wildschweinen hier in der Region warnen wollen und uns „empfehlen“, die Nacht lieber im nächstgelegenen Dorf zu verbringen. Wir lehnen dankend ab, da wir lieber im Freien stehen wollen. Einen kurzen Moment dauert es, aber dann ist das auch für die beiden Polizisten in Ordnung. Wir schütteln Hände (nein, Tina nicht, denn Männer schütteln Frauen hier grundsätzlich nicht die Hände…) und verbringen eine weitere ruhige und schöne Nacht im Outback.

Isfahan

Am nächsten Morgen stellen wir beim Kaffee kochen fest, dass unser Wassertank komplett leer ist. So weit hatten wir es bisher noch nie kommen lassen müssen, denn in allen Ländern, in denen wir bisher waren, waren öffentliche Wasserstellen verhältnismäßig häufig zu finden. Nicht so in dem Teil vom Iran, in dem wir bisher waren. Wir brechen also auf zu unserem nächsten Ziel, der Stadt Isfahan.

Aber auch auf dem Weg dorthin sowie in der Stadt selbst können wir trotz langer Suche keine funktionierende Wasserquelle finden. Wir haben zwar eine App, in der neben potenziellen Schlafplätzen unter anderem auch Wasserquellen markiert sind, jedoch sind alle markierten Stellen in Isfahan nicht mehr in Betrieb. Wir müssen also das erste Mal in drei Monaten Wasser in einem Supermarkt kaufen 🙁 . Wir decken uns mit einigen Litern ein und erkunden dann erst einmal die Stadt. Unseren Tank können wir hoffentlich in der nächsten Stadt auffüllen.

Yazd

Nach einer heißen Nacht in Isfahan, in der wir ausnahmsweise mal Pizza gegessen haben (die es im Iran tatsächlich recht häufig gibt und dir hier super schmeckt – genauso wie der Safran-Reis, die Kebabs, die Wassermelonen, die Süßspeisen….), fahren wir am nächsten Tag weiter in die Stadt Yazd. Yazd ist eine kleine Stadt so ziemlich genau in der Mitte des Irans. Die Stadt ist auf allen Seiten von Wüste umgeben. Sowieso stellen wir fest, dass zwischen den Städten im Iran häufig sehr viel nichts ist – zumindest nichts anderes als Sand und Steine.

Yazd hat eine wundervolle Altstadt, die uns direkt in ihren Bann zieht. Vor allem nach den recht hektischen Städten Teheran und Isfahanist es eine willkommene Abwechslung, durch die kleinen Gassen von Yazd zu spazieren. Hier finden sich eine ganze Reihe hübscher Moscheen, religiöser Gebäude und Windfang-Türme. Vor allem fällt auf, dass nahezu keine der Gassen in der Altstadt gerade verläuft – sie wurden bewusst gewunden und verzweigt gebaut, um die Kraft einfallender Sandstürme zu reduzieren.

Yazd ist auch bekannt für seine tollen Restaurants und Rooftop-Cafés, von denen sich super über die Stadt schauen lässt. Das tun wir abends/nachts gerne – tagsüber ist es dafür jedoch einfach zu heiß und wir suchen Unterschlupf in einem klimatisierten Innenhof eines kleinen Hotels mit Teebar.

Yazd Desert

Die wahnsinnige Hitze ist es dann auch, die uns dazu bringt, nach dem zweiten Tag in Yazd raus in die Wüste zu fahren. Klingt etwas komisch, hat aber einen simplen Grund: Denn rund um unseren Campspot mitten in der Stadt wehte nachts kein Wind und so hat sich die Hitze – nachts wurde es nicht kälter als 28°C – bei uns im Auto gestaut und noch weiter erhitzt. Wir haben zwar einen kleinen Ventilator, aber den können wir nachts aufgrund dessen Lautstärke und vor allem aufgrund des Stromverbrauchs nicht durchgängig laufen lassen. Wir sind also auf Wind angewiesen, um einen gewissen Luftaustausch zu bekommen. Draußen in der Wüste ist die Chance auf Wind einfach größer.

Aber nicht nur das. Wenn wir sowieso schon von Wüsten umgeben sind, wollen wir uns die natürlich auch näher anschauen. Wann kann man schon einmal mit seinem eigenen Auto nah an große Sanddünen ranfahren?!
Was passiert, wenn man etwas ZU nah ranfährt, haben wir dann natürlich auch gleich erfahren. Dirk muss aber nur ein ganz kleines bisschen am rechten Vorderrad buddeln und dann einen unserer Auffahrkeile unterlegen und schon sind wir wieder frei. Allrad hat unser geliebter Campervan nämlich leider nicht.

Der Ausflug in die Wüste hat sich aber auf jeden Fall gelohnt, finden wir. Wir können die Fenster nachts offen lassen, einen wundervollen Sternenhimmel beobachten, einen noch beeindruckenderen Vollmond-Aufgang und super schlafen. Und auf den Sanddünen rumturnen können wir natürlich auch 🙂

Shiraz

Als nächstes geht es für uns nach Shiraz. Besonderes Highlight ist hier die pinke Moschee, dessen Buntglasfenster in den frühen Morgenstunden perfekt von der Sonne angestrahlt und daher von zahlreichen Touristen oft als Foto und vor allem Instagram-Motiv abgelichtet werden. Dirk ist hoch motiviert, während Tina sich doch lieber nochmal umdreht und eine Runde weiter schläft.

Zwei Stunden später ist dann aber auch Tina bereit für eine Tour zu den unzähligen Sehenswürdigkeiten der Stadt. Wir besuchen die Vakil Moschee, die Zitadelle des Karim Khan und die Freitagsmoschee mit dem Schrein von Schah Tscheragh. Vor allem Letztere beeindruckt uns mit Zimmern voller kleiner Spiegelmosaike, dessen Funkeln und Glitzern mit der Kamera gar nicht einzufangen ist.

Nach einer kleinen Verschnaufpause in einem traditionellen Teehaus machen wir uns auf den Weg auf eine Mission. Wir wollen zwei zusätzliche Kanister für Diesel besorgen, da wir gelesen hatten, dass die Dieselversorgung in Usbekistan unterirdisch sein soll – besonders im Erntemonat September, in dem der wenig vorhandene Diesel im Grunde ausschließlich in die Agrarfahrzeuge wandert (von der Qualität dieses Diesels ganz zu schweigen). So begeben wir uns auf den Bazar, merken aber schnell, dass Haushaltswaren, Kleidung und Schmuck leicht zu bekommen sind, Autoteile etc. sich aber anscheinend woanders befinden.

Auf einer großen Einkaufsstraße sprechen wir einen der Verkäufer an und versuchen per Google Translator herauszufinden, ob er uns eventuell weiterhelfen kann. Kurzerhand werden weitere Männer hinzugerufen und Dirk wird eingeladen, mit einem der Männer auf seinem Moped zu einem vermeintlichen Tankverkäufer mitzufahren. Tina wartet unterdessen am Stand des Verkäufers und wird auch einige Male fälschlicherweise für die Verkäuferin gehalten, kann dieses Missverständnis aber glücklicherweise immer schnell aufklären.

Nach 20 Minuten kommt Dirk zurück und war erfolgreich. Es gab zwar keinen Tank aus Hartplastik, so wie wir in uns vorgestellt hatten, aber der Plastiktank, den wir bekommen haben, hat immerhin nur umgerechnet 1,20€ gekostet und scheint von den Einheimischen auch zum Transport von Benzin genutzt zu werden.
Jetzt sind wir gut gerüstet: 90l Diesel passen in unseren Tank, 20l in den Reservekanister, den wir sowieso schon die ganze Zeit dabei haben, und jetzt weitere 40l in die provisorischen Kanistern. Usbekistan kann kommen.

Letzter Programmpunkt ist die Suche nach einer Autowaschanlage, da unser Camper dringend eine Wäsche nötig hat. Auch hier werden wir schnell fündig und können mit einem blitzeblank geputzten Auto die Stadt verlassen. Nach einem halben Tag haben wir mit Touri-Tour, Tank-Mission und Autowäsche also unser Soll erfüllt und es geht weiter Richtung Lut-Wüste.

Lut-Wüste

Da die Strecke von Schiraz in die Lut-Wüste sehr lang ist, entschließen wir uns dazu, einen kleinen Zwischenstopp auf einem Stellplatz aus unserer IOverlander App einzulegen. Der Platz liegt zwischen einigen Feldern und wir können eine sehr ruhige Nacht hier verbringen. Am nächsten Tag lassen wir uns morgens viel Zeit und gönnen uns ein ausgiebiges Frühstück. Währenddessen werden wir mehrfach von einem Mann auf einem Moped passiert. Als er zum dritten Mal an uns vorbeifährt bleibt er dann stehen und kommt fröhlich lächelnd auf Dirk zu. Er scheint der Bauer zu sein, auf dessen Feld wir stehen und anstatt mit Misstrauen oder sogar Wut, tritt er uns mit absoluter Freundlichkeit entgegen. Dirk und er halten einen kleinen Plausch (hauptsächlich mit Händen und Füßen), machen Selfie-Fotos und zum Abschluss schenkt uns der Farmer zwei Hände voll seiner Ernte – noch nicht ganz reife Pistazien. 🙂

Dann machen wir uns aber tatsächlich auf den Weg in die Lut-Wüste. Wir haben schon einige Fotos und Blogeinträge zur Lut-Wüste gesehen und gelesen und sind trotzdem gespannt was uns erwartet. Heiß wird es auf jeden Fall werden. In der Lut-Wüste wurde mit 70,7°C die höchste jemals gemessene Temperatur gemessen.

Wir erreichen die Wüste gegen 19 Uhr und können uns an „angenehmen“ 43 Grad erfreuen. Es ist zwar windig, allerdings bietet der Wind nur wenig Abkühlung, da er genauso heiß ist wie die Luft selbst. Mit uns sind noch einige andere Menschen da, die den Sonnenuntergang auf den Kaluts genießen. Nachdem die Sonne untergegangen ist, fahren die anderen Leute nach und nach ab, bis wir ganz alleine sind. An Schlaf ist trotzdem nur wenig zu denken und wir schmeißen uns aufgrund der Temperaturen die komplette Nacht unruhig von der einen auf die andere Seite. Auch wenn die Wüste mit seinen Kaluts beeindruckend ist und sich unser Besuch auf jeden Fall gelohnt hat, sind wir am nächsten Tag ganz schön gerädert.

Nay Band Oase & Maschad

Und dann neigt sich unser Iran-Aufenthalt auch schon langsam seinem Ende entgegen. Von der Lut-Desert fahren wir nach Maschad, die größte Stadt im Nord-Osten des Landes. Hier können wir unsere Turkmenistan-Visa abholen, dessen Genehmigung wir endlich nach 10 Tagen bangen Wartens erhalten haben.

Auf dem Weg nach Maschad legen wir aber auch noch einmal einen kurzen Zwischenstopp ein. Dieses Mal in Nay Band, einer Oase direkt neben der Hauptstraße, die nach Maschhad führt. Hier wachsen Palmen und überall um uns herum ist es plötzlich grün. Außerdem fallen die Temperaturen auf knapp über 30 Grad und wir sind komplett für uns alleine.

In Maschad angekommen haben wir zunächst einmal leider eine etwas nervige Zusammenkunft mit der Polizei, die uns von unserem Schlafplatz verweist, unsere Kameras und den kompletten Van durchsucht und erst nach langem hin und her wieder gehen lässt (im Video unten berichten wir etwas ausführlicher davon). Aber das lassen wir schnell hinter uns und lassen uns vor allem unsere allgemein extrem positive Stimmung in Bezug auf den Iran nicht verderben. Wir hatten eine wundervolle Zeit hier und haben Land und Leute ins Herz geschlossen!

Jetzt gerade sind wir auf einem Campspot ganz in der Nähe von Maschad (etwas weiter vom besagten Polizeirevier entfernt) und haben fleißig Bilder sortiert, Videos zusammen geschnitten und diesen Beitrag verfasst. Das alles laden wir jetzt gleich mit unserem verbleibenden Datenvolumen hoch, schlafen eine vorletzte Nacht im Iran, holen uns morgen früh die Visa für Turkmenistan an deren Konsulat ab und fahren dann bis kurz vor die Grenze, um dann am nächsten Tag direkt früh morgens einreisen zu können (damit wir möglichst viel von den fünft genehmigten Tagen im Land haben).

Wir melden uns dann das nächste Mal aus Usbekistan, Tadschikistan, Kirgisistan, China, Pakistan oder Indien – je nachdem, wann es die Zeit und Internetverbindung zulässt. Wir sind wirklich gespannt auf die kommenden Wochen!

Liebe Grüße aus der Ferne,
Tina & Dirk

 

One Comment

  • Rolf Langohr

    Hallo Otter-Team,
    bin ganz begeistert von Eurer Reiseseite; dickes Lob dafür.
    Kurze Frage wegen der Dieselqualität im Iran. Ich plane im Herbst mit einem VW Bus T6 (Euro 6) durch den Iran in den Oman zu fahren und bin mir nicht sicher, ob ich vorher den Dieselpartikelfilter ausbauen lassen soll. Ihr gebt an in Eurem Technik-Video, dass es in allen Ländern immer wieder Tankstellen mit besserem Spritstandard gegeben hat. Trifft das tatsächlich auch auf den Iran zu, wo eigentlich nur LKWs Diesel tanken?
    Für eine kurze Einschätzung wäre ich dankbar.
    Beste Grüße, Rolf

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