Entladung Container & Vorbereitungen Europa-Roadtrip
Soo, nach knapp einem Monat ohne Updates hier auf dem Blog oder auf unseren sonstigen Kanälen sind wir nun wieder online. Wir sind sogar bereits wieder ‚on the road‘ – genauer gesagt in Italien. Aber bevor wir aufbrechen konnten, musste eine Menge passieren. Davon wollen wir im heutige Blogeintrag und Video berichten. Es wird sich um den Empfang unseres Containers in Hamburg, unsere Putz-Odyssee in Ahlen und unsere ersten Kilometer auf deutschen Autobahnen in Richtung Süden drehen. Also weniger tolle Landschaftsaufnahmen als „klassischer“ Alltag. Aber auch der gehört dazu. Und er bringt auch einige spannende Momente mit sich. Also viel Spaß beim Lesen & Anschauen.
Mit dem Containerschiff nach Hamburg
Es ist Donnerstag, der 1. Oktober 2020, und wir kommen mit dem Zug in Hamburg an. Zweieinhalb Wochen sind wir nun schon wieder zurück in Deutschland und morgen ist endlich der Tag, an dem wir unseren geliebten Campervan wiedersehen können. Der war nun gut einen Monat auf den Weltmeeren unterwegs und ist von Bangkok aus über Singapur, Sri Lanka und den Suezkanal bis zum Hamburger Hafen geschippert. Den Fortschritt haben wir regelmäßig per GPS-Tracker verfolgt – schon toll, was heutzutage alles geht.
Hamburg empfängt uns bei strahlendem Sonnenschein. Wieder wird uns bewusst, warum unsere Wahlheimat der letzten knapp 5 Jahre von ihren Bewohner*innen gern als schönste Stadt der Welt bezeichnet wird. Einfach toll hier (bei gutem Wetter). Wir selbst haben unsere Wohnung in Hamburg ja im Mai 2019 aufgelöst, kommen nun aber netterweise bei Tinas Schwester unter, die wir nach unserer fast 16-monatigen Reise hier das erste Mal wiedersehen.
Am nächsten Morgen stehen wir überpünktlich im Hamburger Hafen. Auf dem Weg dahin sind wir ganz stilecht durch den alten Elbtunnel gelaufen. Das Wetter ist jetzt wieder klassisch hamburgisch (bewölkt, steife Briese und ein paar Tropfen in der Luft), aber das schmälert unsere gute Laune kaum. Denn in wenigen Minuten sollen wir unser rollendes Zuhause wieder in Empfang nehmen dürfen. Und tatsächlich: wir haben unsere obligatorischen Warnwesten kaum über unsere dicken Jacken gestreift, schon bekommen wir die Info, dass „unser“ Container soeben auf dem Hof des Logistikunternehmens eingetroffen sei.
Da steht er. Die Türen des Containers sind schon offen und eine Rampe wird herbeigebracht. Aber einfach so rausfahren ist nicht. Erst müssen die Spanngurte gelöst werden. So ein Containerschiff kann auf hoher See ganz schön ins Schwanken geraten, daher wurde der Van an allen vier Seiten mit Spanngurten am Containerboden verschraubt. Die Gurte hinten sind schnell gelöst – die Gurte vorne sind, wie schon bei der Verladung in Bangkok, eine kleine Herausforderung. Da unser Camper nur wenige Zentimeter schmaler als der Container ist (und die Hinterachse zu niedrig, um drunter durch zu rutschen), muss ich mich durch das geöffnete Fahrerfenster zwängen und über den angeklappten Seitenspiegel und die Motorhaube vor das Fahrzeug klettern. In Bangkok hatte das ein kleiner, schmaler Thai gemacht. Ich brauche ein paar Minuten länger, bis ich den richtigen Winkel für meine langen Arme und Beine gefunden habe. Aber letztlich klappt’s und ich kann den Van aus dem Container herausfahren. Damit die Dachluken und die Markise dabei nicht am Containerdach hängen bleiben, stellen sich ein Hafenmitarbeiter und Tim (dessen Camper auch noch im Container steht) auf die hintere Stoßstange. Dadurch senkt sich das Heck das benötigte Stück ab.
Wir haben ihn also wieder! Unsere Freude ist groß. Aber vom Hof fahren dürfen wir unseren Camper leider noch nicht. Erst will der Zoll routinemäßig noch einen Blick reinwerfen. Wir könnten ja illegale Dinge einführen wollen. Aber die Zollbeschau ist erst für Montag – drei Tage später – geplant. So lange müssen wir uns also noch gedulden.
Am Montag um 9 Uhr sind wir zurück im Hafen. Glücklicherweise lässt der Zoll nicht allzu lange auf sich warten und schaut sich den Camper rasch an. Illegale Substanzen werden nicht gefunden und so steht dem letzten Stempel im Carnet de Passages (Zolldokument) nichts mehr im Wege. Eigentlich. Denn den Stempel hat die nette Zollbeamtin natürlich nicht dabei. Stattdessen nimmt sie das Carnet de Passages noch einmal mit und setzt ihre Begutachtungsrunde für den Rest des Vormittags fort. Wir müssen also weiter warten. Damit hatten wir nicht gerechnet. Aber es hilft ja nichts. Wir suchen uns ein Café und harren der Dinge. Drei Stunden später ist es jedoch soweit: das Handy klingelt und wir dürfen unseren Camper abholen. Juhu!
Doch jetzt fängt die Arbeit erst an. Zwar haben wir den Camper in den vergangenen Monaten regelmäßig aufgeräumt, gewaschen und geputzt, jedoch gehen 474 bewohnte Tage und 50.000 gefahrene Kilometer natürlich trotzdem nicht ganz spurlos an so einem Wohnmobil vorbei. Als erstes steht ein ausgiebiger Service in einer Fiat Professional Werkstatt an. Hier wird er auf „Herz und Nieren“ geprüft und bekommt neben neuen Filtern, neuem Öl und neuer Bremsflüssigkeit auch einen neuen Satz Reifen aufgezogen. Kaum zu glauben, dass wir auf diesem Trip mit nur einem Reifensatz ausgekommen sind.
Zurück in Ahlen steht dann aber die richtige Baustelle an: einmal ALLES ausräumen, gründlich putzen, aussortieren und für den nächsten Trip neu einräumen. Der Wüstenstaub ist bis in jede Ecke gedrungen und vor allem den Sitzpolstern sieht man an, dass wir besonders die letzten Monate in Thailand sehr viel geschwitzt haben. Auch dass wir gelegentlich mit dreckigen Füßen ins Bett gegangen sind, können wir beim Anblick der Seitenverkleidung nicht leugnen. Doch wir wussten, was auf uns zukommt, und haben uns daher einen professionellen Waschsauger dafür gemietet. Eine wahre Wunderwaffe, denn die Polster, Seitenwände und der Fahrerhausteppich sehen jetzt wieder aus wie neu.
Ordentlich schrubben müssen wir an allen Ecken und Enden trotzdem und sind letztlich auch mehrere Tage voll beschäftigt. Wieder einmal sind wir erstaunt, wie viel Zeug doch in einen so kleinen Camper passt. Die nächsten Monate werden wir jedoch mit etwas weniger Gepäck an Bord reisen: nicht nur lassen wir unsere großen Wanderrucksäcke und einige andere Kleinigkeiten zuhause, sondern vor allem auch Werkzeug und Ersatzteile. Im Süden Europas werden wir wohl kaum in so abgelegene Gegenden kommen, dass wir uns bei einer Panne übermäßig Sorgen mache müssten.
Wir nutzen zudem die Chance, unsere elektrische Trittstufe abzubauen (die in Nepal leider ihren Dienst quittiert hat), einen Ladebooster für unsere Aufbaubatterien zu montieren, einen Thermovorhang für die Hecktüren zu nähen und mit neuen Aufbewahrungskisten und selbstgebauten Deckeln aus Holz eine neue Ordnung zu schaffen. Mit dem Ergebnis sind wir wahnsinnig zufrieden und können es kaum erwarten, endlich wieder mit unserem rollenden Zuhause auf Tour zu gehen.
Es geht wieder los
Lange warten müssen wir darauf nicht. Nach 31 Tagen in Deutschland und einer ganzen Reihe von tollen Wiedersehen mit Freunden und Familie brechen wir schon wieder auf. Dass wir nicht länger in Deutschland bleiben, hat einerseits mit unserer Krankenversicherung zu tun (unsere Langzeit-Auslandsreisekrankenversicherung erlaubt im Jahr lediglich einen Heimaturlaub von insgesamt 6 Wochen – und wir wollen Weihnachten ja wieder herkommen) aber andererseits auch damit, dass wir einfach noch Lust haben, weiterzureisen. Wir hätten nach der gezwungenermaßen abgebrochenen Asien-Tour ja auch sagen können: „15 Monate ‚on the road‘ reichen“. Schließlich war das schon länger als die ganz ursprünglich von uns geplanten 13 Monate für die Tour von Deutschland nach Singapur und zurück. Aber nein, wir haben vom Reisen und vom Leben im Camper noch immer nicht genug und können es kaum erwarten, weitere Ecken unseres schönen Planeten zu erkunden.
Und mindestens genauso wichtig: Wir haben noch etwas Geld. Wir haben in den vergangenen 15 Monaten fast ein Drittel weniger Geld ausgegeben, als wir ursprünglich kalkuliert hatten (das könnt ihr auch noch einmal in unserem detaillierten Kosten-Beitrag nachlesen). Außerdem hat die Verschiffung des Vans von Thailand nach Deutschland weniger gekostet als das, was wir für das China-Crossing von Laos in die Mongolei zurückgelegt hatten (auch hier hätten wir für China wieder einen obligatorischen, teuren Guide buchen müssen). Im Grunde haben wir also auch hier wieder Geld gespart, auch wenn wir natürlich sehr viel lieber unsere geplante Reise hätten fortsetzen wollen.
Und zu guter Letzt: es bietet sich auch einfach an. Wir haben noch immer die Freiheit, dass keine Verpflichtungen wie Jobs oder eine Wohnung auf uns warten. Und in der Eventbranche sieht es aufgrund der Corona-Pandemie gerade auch nicht unbedingt danach aus, dass in den nächsten Wochen/Monaten händeringend neue Projektmanager gesucht würden. Die Jobsuche noch ein bisschen hinauszuzögern, hat also wohl eher sogar Vorteile.
Daher geht es für uns weiter. Bis Weihnachten wollen wir nun Italien erkunden und im Anschluss dann in Richtung Spanien und Portugal aufbrechen. Da sollte es jeweils warm genug sein, um trotz Winter im Camper nicht frieren zu müssen. Wirklich planen tun wir jedoch nicht. Vielmehr wollen wir von Tag zu Tag entscheiden, wo es uns als nächstes hinzieht. Vieles hängt ja natürlich auch vom weiteren Verlauf der Corona-Pandemie ab. Und letztlich dann davon, wann uns das Geld ausgeht. Aber das sollte vor Ende März eigentlich nicht passieren (natürlich schreiben wir weiterhin gerne ‚Postkarten aus der Ferne‚, um noch etwas länger unterwegs sein zu können 😉).
Wegen einer Pizza nach Aschaffenburg
Am 16. Oktober ist der Camper fertig geputzt und wieder voll bepackt. Wir können wieder aufbrechen. Unser erstes Ziel auf dem Weg nach Italien soll Nürnberg sein, um hier unseren Freund Jan zu besuchen. Da wir unser genaues Abfahrtsdatum im Münsterland und damit unsere Ankunft in Nürnberg jedoch nie wirklich planen konnten, da wir ja nicht wussten, wann genau der Camper letztlich wieder abfahrbereit sein würde, erwischen wir Jan an einem Tag, an dem er tatsächlich keine Zeit hat. Kein Problem für uns, wir sind ja flexibel. Außerdem müssen wir so nicht direkt am ersten Tag gleich wieder 500 km fahren. Auch gut.
Aber es kommt noch besser: Ich schaue auf unsere Google-Maps-Karte, auf der wir im vergangenen Jahr immer unsere nächsten Reiseziele markiert haben, und sehe auf etwa halber Strecke zwischen Ahlen und Nürnberg tatsächlich eine Markierung. Ich klicke drauf und es wird mir das Gasthaus Wurstbendl in Aschaffenburg angezeigt. Ohh jaa! Da will ich schon seit über einem Jahr hin! Seit dem Tag, an dem ich (irgendwo in Asien sitzend) durch Zufall online einen Artikel gelesen habe, dass jemand nun Pizzen mit Laugenteig macht. Brezel + Pizza = Brizza. Für mich als Fan von beidem eine unschlagbare Kombination. Mehrfach habe ich seither in Asien davon geträumt, die nach unserer Rückkehr irgendwann einmal probieren zu wollen. Jetzt ist die Chance! 🙂
Wir fahren also los in Richtung Aschaffenburg. Da wir es langsam angehen lassen und generell erst am frühen Nachmittag loskommen, ist es schon dunkel, als wir in Aschaffenburg ankommen (trotzdem sind wir irgendwie überrascht, dass man innerhalb von nur 3 Stunden vom Münsterland bis nach Bayern fahren kann). Wir schauen uns noch fix das toll illuminierte und am Main gelegene Schloss Johannisburg an und schlagen dann unser Nachtlager auf. Dazu wählen wir einen Parkplatz an einem kleinen Wald etwas außerhalb der Stadt. Die Nacht ist ruhig und wir fühlen uns direkt wieder wohl in unserem Camper.
Am nächsten Morgen geht es nach dem ersten Kaffee erneut zum Schloss Johanissburg (Schloss…Burg…ja was denn jetzt? 😉), um das nochmal im Hellen zu bestaunen und unsere Drohne in die Luft zu schicken. Leider beginnt es immer wieder zu regnen, sodass wir uns einen Spaziergang durch die anschaulich wirkende Altstadt sparen, die Brizza nur zum Mitnehmen ordern und dann auf die Autobahn in Richtung Nürnberg fahren. Was wir von der Brizza halten, erfahrt ihr im Video. 🙂
Kurzbesuch in Nürnberg
Nürnberg wirkt auf uns beim Hereinfahren nicht unbedingt wie die schönste Stadt Deutschlands. Als wir aber in der Altstadt ankommen, überdenken wir unsere Meinung. Sehenswerte Fachwerkhäuser an kleinen, schönen Gassen; die Pegnitz, die sich von zahlreichen Brücken überspannt ihren stetigen Weg bahnt sowie Kirchtürme und die Kaiserburg, die über der Stadt thronen. All das sehen wir jedoch nur im Vorbeifahren, da wir nicht für Sightseeing nach Nürnberg gekommen sind, sondern um – trotz unserer „Eile“ weiter in den Süden zu fahren – möglichst viel Zeit mit Jan zu verbringen. Für Sightseeing kommen wir aber bestimmt ein andern Mal wieder. Das Wetter lädt allerdings sowieso nicht zum Erkunden der Stadt ein und so ziehen wir uns in Jans Wohnung zurück.
Nach einem tollen Nachmittag/Abend und einer erstaunlich ruhigen Nacht im Camper inmitten der Altstadt machen wir uns am nächsten Morgen wieder auf den Weg. Einen kleinen Abstecher innerhalb Nürnbergs machen wir aber noch, um uns zumindest von außen die unvollendet gebliebene NS-Kongresshalle im „Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände“ sowie die riesige Aufmarschstraße anzuschauen. Ein Relikt aus der Nazizeit, das, wenngleich nur im Ansatz fertiggestellt, klar den Größenwahn Hitlers widerspiegelt.
Dieser Ort verlangt und verdient, ebenso wie Nürnberg selbst, mehr Aufmerksamkeit als wir ihm in diesem Moment geben wollen. Wir wollen weiter in Richtung Süden, träumen wir doch von schneebedeckten Gipfeln in den Dolomiten, von Weinbergen in der Toskana und von den milden Temperaturen Süditaliens. Der direkte Weg dorthin wäre wohl über Österreich und die Brennerautobahn. Wir haben jedoch noch ein letztes Zwischenziel vor Augen: ein weiterer Freunde-Besuch in Zürich. Davon – und von unserer einwöchigen Tour durch die schweizerischen Berge – berichten wir euch dann im nächsten Blogeintrag / Video. Bleibt gespannt, denn wir haben ein paar wirklich tolle (Drohnen-)Aufnahmen gemacht.
Jetzt aber erst noch die letzten Fotos von Aschaffenburg und Nürnberg bis zur Grenze mit der Schweiz und weiter unten natürlich das Video zu diesem Eintrag. Viel Spaß beim Anschauen und beste Grüße aus der Ferne,
Tina & Dirk